Die Kommunen in Hessen standen bzw. stehen vor der Aufgabe, eine getrennte Gebühr für Schmutzwasser und Niederschlagswasser einzuführen. Diese Umstellung ist aufgrund der in Hessen seit September 2009 maßgeblichen Rechtsprechung erforderlich, da hiernach die Kosten für die öffentliche Abwasserbeseitigung nach dem Verursacherprinzip umgelegt werden müssen. Die bisherige Vorgehensweise, die Abwassergebühr einzig anhand der bezogenen Frischwassermenge zu erheben, muss dementsprechend auf eine sogenannte getrennte Abwassergebühr umgestellt werden.
14 Kommunen des Landkreises haben die einzelnen von der jeweiligen Kommune umzusetzenden Schritte abgestimmt. Verfahren zur Bestimmung der Abwassergebühr wurden erörtert und notwendige Schritte wie Bürgerbeteiligung und Satzungsänderungen besprochen.
Im Rahmen dieser Umstellung werden die Gebühren in einen Niederschlagswasseranteil und einen Schmutzwasseranteil aufgeteilt („gesplittet"). Bei dieser Umstellung werden lediglich die Gesamtkosten der Abwasserbeseitigung im Verhältnis der tatsächlichen Kosten für die Beseitigung des Niederschlags- und Schmutzwassers zueinander neu verteilt.
Der Schmutzwasseranteil ergibt sich wie bisher aus der bezogenen Frischwassermenge, die über die Wasseruhren ermittelt wird. Der Niederschlagswasseranteil errechnet sich aus der versiegelten und über das Kanalnetz entwässerten Fläche eines Grundstücks. Hierzu zählen z.B. auch Hofeinfahrten, die keinen eigenen Kanalanschluss haben, aber das Regenwasser auf die Straße geleitet wird.
Um die versiegelten Flächen festzustellen, werden in den nächsten Tagen aktuelle Luftbilder erstellt. Aus diesen werden im nächsten Arbeitsschritt die erkennbaren, befestigten Flächen ermittelt und in einem Geoinformationssystem aufbereitet. Mit der daraus gewonnenen Datengrundlage werden anschließend grundstücksbezogene Lagepläne erstellt und mit entsprechenden Hinweisen zur Nachbearbeitung den jeweiligen Grundstückseigentümern zugesendet (der sogenannte Selbstauskunftsbogen).
Für Weilmünster ist der Versand der Selbstauskunftsbögen im Frühjahr 2012 geplant.
Die Grundstückseigentümer haben dann Gelegenheit, innerhalb einer gewissen Frist Korrekturen (insbesondere hinsichtlich der tatsächlichen angeschlossenen Flächenanteile) zu beantragen. Zisternen mit einem Fassungsvermögen von mindestens 1 m³ führen ebenfalls zu einer niedrigeren Niederschlagswassergebühr, so dass der Selbstauskunftsbogen auch hierzu Fragen enthält. Die Änderungen und Angaben zu Zisternen werden in den Datenbestand übernommen und dienen nun zur endgültigen Feststellung der für die Berechnung der künftigen Niederschlagswassergebühr maßgeblichen Fläche. Bei Rückfragen zur Bearbeitung der Selbstauskunftsbögen werden die Sachbearbeiter der Gemeindeverwaltung zur Verfügung stehen. Daneben finden rechtzeitig vor dem Einführungstermin Informationsveranstaltungen zum Thema „gesplittete Abwassergebühr" statt.
Da sich auch die Art der Versiegelung (z. B. Asphalt, Verbundstein- oder Fugenpflaster) auf die Höhe der Niederschlagswassergebühr auswirkt, empfehlen wir den Grundstückseigentümern, die demnächst eine Änderung oder Erneuerung der Grundstücksbefestigung planen, sich vor Baubeginn mit der Gemeindeverwaltung in Verbindung zu setzen.
Aufgrund eines Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahr 2009 sind alle Kommunen zur Einführung der getrennten Abwassergebühr verpflichtet.
Bei der künftigen getrennten Abwassergebühr (Einführung ab 01.01.2013) gilt folgender Grundsatz:
Je weniger Flächen versiegelt sind und in die öffentliche Abwasseranlage entwässern, umso geringer fällt die Niederschlagswassergebühr aus!
Bei der Berechnung der Niederschlagswassergebühr wirkt sich neben der Fläche aber auch die Art der Versiegelung (z. B. Asphalt, Verbundstein- oder Fugenpflaster) auf die Höhe der Gebühr aus. Ebenso führen Zisternen mit einem Mindestinhalt von 1 m³ zu einer Reduzierung der Gebühr.
Die Gemeindevertretung hat zwischenzeitlich die Berechnungsfaktoren für die Ermittlung der Niederschlagswassergebühr festgelegt und hierbei folgende Formulierung beschlossen (Auszug):
...
(2) Die bebaute und künstlich befestigte Grundstücksfläche wird unter Berücksichtigung des Grades der Wasserdurchlässigkeit für die einzelnen Versiegelungsarten nach folgenden Faktoren festgesetzt:
1. |
Dachflächen |
|
1.1 | Flachdächer, geneigte Dächer, Kiesdächer | 1,0 |
1.2 | Gründächer | |
a) mit einer Aufbaudicke bis 10 cm | 0,5 | |
b) mit einer Aufbaudicke ab 10 cm | 0,3 | |
2. |
Befestigte Grundstücksflächen |
|
2.1 | Beton-, Schwarzdecken (Asphalt, Teer o. Ä.), Pflaster mit Fugenverguss, sonstige wasserundurchlässige Flächen mit Fugendichtung | 1,0 |
2.2 | Pflaster (z. B. auch Rasen- oder Splittfugenpflaster), Platten - jeweils ohne Fugenverguss | 0,7 |
2.3 | wassergebundene Decken (aus Kies, Splitt, Schlacke o. Ä.) | 0,5 |
2.4 | Porenpflaster oder ähnlich wasserdurchlässiges Pflaster | 0,4 |
2.5 | Rasengittersteine | 0,2 |
(3)Bei der Ermittlung bebauter und künstlich befestigter Grundstücksflächen bleiben solche Flächen ganz oder teilweise außer Ansatz, von denen dort anfallendes Niederschlagswasser in Zisternen oder ähnlichen Vorrichtungen (Behältnissen) zum Auffangen von Niederschlagswasser mit einem Fassungsvermögen von mindestens 1 m³ gesammelt und auf dem Grundstück - insbesondere zur Gartenbewässerung und als Brauchwasser (zur Toilettenspülung, zum Betreiben von Waschmaschinen etc.) - verwendet wird, und zwar bei den vorstehend genannten Vorrichtungen.
a) ohne direkten oder mittelbaren Anschluss an die Abwasseranlage, die hierüber entwässerte Fläche in vollem Umfang,
b) mit einem Anschluss an die Abwasseranlage bei Verwendung des Niederschlagswassers
- als Brauchwasser, diejenige Fläche, die sich durch Division des Zisterneninhalts (in Kubikmetern) durch 0,05 ergibt; wird zusätzlich Niederschlagswasser zur Gartenbewässerung benutzt, erhöht sich die so ermittelte Fläche um 10 %,
- zur alleinigen Gartenbewässerung, diejenige Fläche, die sich aus der Division des Zisterneninhalts (in Kubikmetern) durch 0,10 ergibt.
(4) Ist die gebührenpflichtige Fläche, von der Niederschlagswasser in Zisternen oder ähnliche Vorrichtungen gesammelt wird, geringer als die aufgrund des Zisternenvolumens errechnete, außer Ansatz zu lassende Fläche, so bleibt nur diejenige Fläche unberücksichtigt, von der Niederschlagswasser in die zuvor genannten Vorrichtungen eingeleitet wird.
....
Beispiel 1: Die bebaute und künstlich befestigte Grundstücksfläche, deren Regenwasser direkt oder indirekt (z.B. über die Straße) in die öffentliche Abwasseranlage fließt, wird mit dem obengenannten Faktor multipliziert und ergibt die Veranlagungsfläche.
100 m² Hoffläche mit Verbundsteinpflaster x 0,7 = 70 m² Veranlagungsfläche
Je geringer der Versiegelungsfaktor ausfällt, umso geringer ist also auch die Gebühr.
Beispiel 2: Auf dem Grundstück ist eine Zisterne mit 3,5 m³ Inhalt vorhanden, deren Überlauf an den Kanal angeschlossen ist.
3,5 m³ : 0,10 = 35 m²
Die ermittelte Fläche von 35 m² wird von der versiegelten Fläche abgezogen und reduziert die Niederschlagswassergebühr.
Wir empfehlen den Grundstückseigentümern, die demnächst z. B. eine Änderung oder Erneuerung der Grundstücksbefestigung planen, sich vor Baubeginn mit der Gemeindeverwaltung in Verbindung zu setzen um sich über mögliche Auswirkungen auf die Abwassergebühr zu informieren.